MINT: Astronomie 2.0 im Unterricht

Die alten Griechen leiteten aus ihren Beobachtungen des Himmels verblüffende Erkenntnisse über unser Sonnensystem ab. Mehr als 2500 Jahre später können Physiklehrkräfte bestätigen, dass die meisten Schülerinnen und Schüler auch heute sehr an astronomischen Themen interessiert sind. Da trifft es sich gut, dass diese vor kurzem im Kernlehrplan „Physik“ des Landes Nordrhein-Westfalen einen größeren Stellenwert erhalten haben. Doch wie soll es möglich sein, eigene astronomische Beobachtungen in den Unterricht einzubauen?

Dass dazu sehr wohl die Möglichkeit besteht und dabei im Gegensatz zum Altertum sogar modernste Technologie genutzt werden kann, war Ziel der von der DPG, Schulewirtschaft NRW und dem Verein der Freunde des Nepomucenums geförderten Lehrerfortbildung „Astronomie 2.0“, die am 16. November 2022 am Gymnasium Nepomucenum in Coesfeld stattfand. Unter Anleitung von Paul Breitenstein sowie Christian Ambros und unterstützt von Lena Niet von der Bildungsinitiative AiM (Astronomy and internet in Münster) lernten dort zahlreiche interessierte Lehrkräfte aus der Region, wie sie mit ihren Schülerinnen und Schülern auf große Forschungsteleskope zugreifen und die erstellten Aufnahmen für eigene Zwecke nutzbar machen können.

Diese Teleskope sind unter anderem die beiden Faulkes-Teleskope mit ihren 2m-Primärspiegeln, die auf dem Vulkan Haleakala auf Hawaii bzw. in Siding Spring in Australien stehen. Neben weiteren über zwanzig Teleskopen mit 1m- und 0,4m-Spiegeln sind sie eingebunden in das weltweite Netzwerk des Las Cumbres Observatory (LCO), das Beobachtungszeit auch für Lehrkräfte und ihre Schülerinnen und Schüler zur Verfügung stellt. Bei der Fortbildung verwendeten die Teilnehmer zum einen bereits vorhandene Aufnahmen aus dem wissenschaftlichen Archiv des LCO, das über ein Webinterface zugänglich ist. Zum anderen wurden auch eigene Aufnahmen erstellt, und zwar sowohl via direkter Remote-Steuerung der beiden Faulkes-Teleskope über das Internet als auch durch Programmierung von automatischen Beobachtungsaufträgen, die aufgrund zufällig recht geringer Auslastung des LCO tatsächlich auch prompt abgearbeitet wurden.

Die an die Teleskope angeschlossenen Kameras darf man sich nun allerdings nicht so vorstellen, dass sie schöne Farbbilder liefern, wie man sie von astronomischen Objekten aus den Medien kennt. Mit den vorgestellten Software-Werkzeugen liegt die Herstellung solcher Bilder aus den aufgenommenen Daten allerdings ganz klar im Bereich der Möglichkeiten von Schülerinnen und Schülern der Unter- und Mittelstufe. Auf den eigenen Aufnahmen können diese dann im Unterricht visuell verschiedene Stadien der Sternentwicklung oder die Struktur galaktischer Nebel entdecken – sicherlich eine sehr motivierende Aktivität.

In einem zweiten Teil übten die Fortbildungsteilnehmer bei „Astronomie 2.0“, mithilfe der Parallaxenmethode Abstände im Sonnensysstem zu messen. Dazu wurde gleichzeitig von zwei verschiedenen Standorten des LCO-Netzwerks aus ein erdnaher Asteroid aufgenommen und sodann die beiden Aufnahmen verglichen. Dabei war deutlich erkennbar, dass der Asteroid auf den beiden Aufnahmen relativ zu den sehr viel weiter entfernten Sternen an unterschiedlichen Positionen zu finden ist. Mit ein wenig Mittelstufenmathematik konnte daraus die Entfernung des Asteroiden zur Erde bis auf ein paar Prozent Genauigkeit bestimmt werden.

Als wäre dies noch nicht genug an interessantem Input für künftigen Astronomieunterricht in der Schule, wurde die Veranstaltung dank der sich zwischendurch auftuenden Wolkenlücken noch abgerundet durch ein kleines Experiment auf den Spuren der eingangs erwähnten alten Griechen. Von der Sternwarte auf dem Dach des Nepomucenums aus beobachteten die Fortbildungsteilnehmer gleichzeitig die Position der Sonne und des an diesem Tag anzutreffenden Halbmonds. Wie Aristarch von Samos auffiel, folgt aus der Tatsache, dass diese beiden Objekte am Himmel fast im rechten Winkel zueinander stehen, unmittelbar, dass die Sonne sehr (!) viel weiter von der Erde entfernt sein müsse als der Mond, und daher auch sehr viel größer als dieser sein müsse. Alle Teilnehmer waren sich einig, die neu gewonnenen Erkenntnisse bald selbst im Unterricht umzusetzen.