SPORT: Der Traum vom Nationalteam

Der 11-jährige Coesfelder David Schlüter turnt beim Turnzentrum Bochum – und hat große Ziele

Für David Schlüter geht es im Anschluss an die 40-minütige Autofahrt nach Bochum direkt ab in die Halle: Das Training beim Turnzentrum (TZ) Bochum kann beginnen. „Zuerst springen wir ein bisschen auf dem Trampolin – das machen wir aber eher aus Spaß. Dann wärmen wir uns auf, dehnen uns und machen Krafttraining“, erzählt der junge Coesfelder von seinem Trainingsprogramm, das er mit seinen zwei Trainingspartnern Lukas Pordzik und Tim Barela absolviert.
Auf das Krafttraining folgen die Geräte – nach der „olympischen Reihenfolge“: Boden, Seitpferd, Ringe, Sprung, Barren, Reck. Drei Stunden lang widmet sich der 11-Jährige dann nur seinem Sport – und das fünf Mal in der Woche. Stets an Davids Seite ist Trainer und Weltklasseturner Shalva Dalakishvili. Wer Erfolg haben will, muss „leiden“, sagt man im Sport. Zumindest muss er viel trainieren. Und David Schlüter hat Erfolg, das bewies er im vergangenen Jahr mit dem Sieg beim Deutschlandpokal.
Ob das ganze Trainingsprogramm mit der Schule unter einen Hut passt? „Natürlich habe ich weniger Zeit zum Lernen als die anderen, aber trotzdem klappt beides zusammen gut“, sagt das große Turntalent. Was er drauf hat, hat der Schüler des Gymnasiums Nepomucenum schon mehrfach gezeigt.

„Mein spannendstes
und schönstes Erlebnis“

Den Titel des NRW-Meisters holte sich David Schlüter schon mehrfach. Und, keine Frage, ganz oben in der Erfolgsliste steht die Auszeichnung 2011 in Heidelberg als deutschlandweit bester Turner seiner Altersklasse. „Das war bisher mein spannendstes und schönstes Erlebnis“, sagt David stolz. „Nachdem ich beim Wettbewerb die Pflichtübungen an allen Geräten geturnt habe, durfte ich als Erster auf das Siegerpodest. Das war klasse“, erinnert sich der Coesfelder, Und damit hatte er auch die Qualifikation für den Bundeskader in der Tasche.
Natürlich blickt der junge Sportler auch schon in die Zukunft. Seinen Titel als NRW-Meister hat er in diesem Jahr bereits verteidigt, nun will er im Herbst beim Deutschlandpokal erneut versuchen, in den Bundeskader zu kommen. In einem Jahr wird es dann noch spannender: Mit dann zwölf Jahren darf er erstmals an den deutschen Meisterschaften teilnehmen. „Falls ich mich dann bei den NRW-Meisterschaften qualifiziere, würde ich im Frühjahr an den deutschen Meisterschaften und im Herbst am Deutschlandpokal teilnehmen“, nennt David seine ehrgeizigen, aber durchaus berechtigten Ziele.
Und dann? Auf lange Sicht wünscht er sich auch, es in das deutsche Nationalteam zu schaffen. „Das wünscht sich wahrscheinlich jeder Turner. Aber man kann das natürlich nicht voraussehen“, geht er diese Sache ganz realistisch an.
Philipp Boy und Marcel Nguyen haben den Sprung ins Nationalteam schon geschafft – sie sind die größten Vorbilder für den Schüler. „Die können einfach gut turnen“, findet David.
Das Besondere an der Sportart sei die Vielfalt der Möglichkeiten, das Schwierige, die Übungen an den Geräten perfekt auszuturnen. Was einen guten Turner ausmacht, weiß auch Thomas Schlüter, der Papa des jungen Sporttalents und ehemalige Profiturner in der Bundesliga: „Wenn die Übungen mühelos aussehen, ist es schön geturnt.“
Auch Davids Geschwister sind sportlich aktiv. Der 14-jährige Philipp turnt, wie sein Bruder, in Bochum – ebenso Schwester Mina, die außerdem tanzt. Nur der jüngste Schlüter-Sohn, Johan, fällt aus dem Muster. Er spielt Fußball und sein Herz schlägt für den BVB.

„Ich habe geschrieen, dass
ich unbedingt mit will!“

Wieso sich David für das Turnen entschieden hat? Bereits mit drei Jahren schnupperte er Turnerluft. „Ich weiß noch, dass ich meinen Papa nicht zum Training gehen lassen wollte. Ich hab geschrieen, dass ich unbedingt mit will!“ Nachdem er die ersten „Turnschritte“ bei der SG Coesfeld gemacht hatte, wechselte er vor zwei Jahren zum TZ Bochum.
Verletzt habe er sich übrigens nur ein einziges Mal – und das nicht einmal an einem Turngerät. „Ich habe mir in der Grundschule das Bein gebrochen. Beim Turnen ist noch nie etwas passiert.“ Neben der Schule und dem Turnen bleibe zwar nicht viel Zeit für andere Hobbys. Eine andere Leidenschaft hat David Schlüter trotzdem noch. Jeden Donnerstag tauscht er die Turngeräte gegen den Fußball. „Das Training in der Fußball-AG bei Herrn Glaser ist während der Schulzeit, das passt sehr gut“, schmunzelt David. Einen Vorteil habe das Kicken auch noch: „Beim Fußball kann ich meine Ausdauer trainieren. Die Kraft in den Beinen kann ich für die Sprungkraft dann gut für das Turnen gebrauchen.“

Streiflichter-Ausgabe vom 25.7.2012
Von Anna Tiffe