GESCHICHTE: Gedenkstunde für die Opfer der Shoa und des Holocausts

(von Robert Burrichter)
Anlässlich der Befreiung der Gefangenen des Konzentrationslagers Auschwitz wird jedes Jahr am 27. Januar weltweit der Opfer des Holocausts gedacht. Zwischen 1939-1945 ermordete das NS-Regime systematisch mehr als sechs Millionen Menschen. Schätzungen zufolge beläuft sich die Zahl der Todesopfer im KZ Auschwitz auf 1,1 bis 1,5 Millionen Kinder, Frauen und Männern. Am Montagmittag fand daher eine Gedenkstunde auf dem (neuen) Jüdischen Friedhof an der Osterwicker Straße statt. (Die AZ berichtete am 28.01.2020.)

Schüler aus der EF erhielten dabei die Gelegenheit ihre Ergebnisse aus der letztjährigen Projektwoche „Auf den Spuren der NS-Zeit im Kreis Coesfeld“, die auch dieses Jahr wieder stattfindet, vorzustellen. Tim Claeßen, Lukas Janning und Patrick Nieland präsentierten ihre Arbeit zum Schicksal der Coesfelder Familie Eichenwald. Anhand von Dokumenten aus dem Stadtmuseum konnte die Gruppe die Deportation der Familienmitglieder in die Konzentrationslager Stutthof und Riga rekonstruieren und sie erstellten einen Familienbaum mit Steckbriefen für die einzelnen Familienmitglieder. In ihrem Vortrag unterstrichen sie die Notwendigkeit sich an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern. So betonten sie, dass die Familie Eichenwald ein anschauliches Beispiel für eine normale Familie sei, „die aus Hass aus ihrem Leben gerissen und getötet wurde.“
Jan Beßler, Simon Krempin, Simon van Wüllen und Justus Kalvelage ergänzten diese Worte mit ihrem Vortrag zu den Erinnerungsorten in Coesfeld. Sie stellten klar: „Man sollte an die NS-Vergangenheit erinnern, auch wenn es ein unangenehmes Thema ist. Seit dem Krieg und dem Holocaust sind noch nicht einmal 100 Jahre vergangen. In dieser kurzen Zeitspanne darf man nicht vergessen.“
Zum Abschluss der Gedenkstunde legten die Schüler gemeinsam mit dem Bürgermeister Heinz Öhmann einen Kranz nieder und gedachte mit der einer Schweigeminute den Opfern des NS-Regimes.

Im Folgenden die Vorträge der Schüler der EF:

Gruppe: Familie Eichenwald

Tim:
Hallo. Wir sind Lukas, Patrick und Tim sind 15 bis 16 Jahre alt und sind aus der 10. Jahrgangsstufe des Nepomucenums Coesfeld und im Frühjahr 2019 hatten wir eine Projektwoche zum Thema Holocaust und Nationalsozialismus. In dieser Projektwoche sollten alle Schüler unserer Stufe einen Vortrag über den Nationalsozialismus im Kreis Coesfeld halten.  Die Projektwoche ging über einen Zeitraum von 5 Tagen, am Ende wurden alle Ergebnisse in der Aula bei einem Museumsgang präsentiert. Wir haben als Thema die Familie Eichenwald behandelt. Diese Familie lebte in Coesfeld und wurde 1941 ins KZ Stutthof bzw. ins KZ Riga deportiert. Die Familie bestand aus neun uns bekannten Mitgliedern mit dem Nachnamen Eichenwald. Es gab aber noch weitere Enkel, Urenkel und andere Familienmitglieder, die einen anderen Nachnamen tragen. Uns ist nicht bekannt, ob noch einer von ihnen lebt, was aber wahrscheinlich ist, da einige Personen in die USA ausgewandert sind, dazu haben wir im Stadtmuseum offizielle Dokumente ansehen können. Jedoch verläuft sich die Spur dort und wir haben leider keine Informationen mehr über ihren Verbleib.

Lukas:
Während unserer Arbeit besuchten wir das Stadtmuseum und erhielten einen Einblick in offizielle Unterlagen der SS und konnte viele weitere offizielle Dokumente und Bilder bzw. Videos begutachten, zu diesen Dokumenten gehörten unter anderem Berichte über Deportationen und Aufenthalte. In unserer Arbeitsphase war es schwierig, die vielen Informationen zu ordnen, da es sehr viele Informationen aus vielen verschiedenen Bereichen waren. Am Ende haben wir es dennoch geschafft einen Stammbaum der Familie Eichenwald inklusive Steckbriefe zu erstellen. Den Stammbaum erstellten wir, um einen anschaulichen Überblick zu erhalten, da wir viele Informationen über die einzelnen Familienmitglieder erhalten haben und diese nicht richtig zuordnen konnten. Außerdem ist ein Stammbaum auch für den Betrachter schön anzusehen und hilft ihm die einzelnen Beziehungen zu verstehen.

Patrick:
Während unserer Arbeit am Projekt ist uns klar geworden, dass der Holocaust eine der größten Tragödien der Menschheit gewesen ist, da viele Menschen ohne Grund qualvoll in Konzentrations- und Arbeitslagern sterben mussten. Der Nationalsozialismus muss weiterhin aufgearbeitet und in Erinnerung bleiben, um eine Wiederholung solcher Ereignisse zu verhindern und da er in der Verantwortung eines jeden Deutschen liegt. Wir waren schockiert, dass so etwas in Deutschland passiert ist und die Menschen nichts dagegen unternommen haben. Die Familie Eichenwald ist ein anschauliches Beispiel für eine normale Familie, die aus grundlosem Hass aus ihrem Leben gerissen und getötet wurde.

Gruppe: Erinnerungsorte Coesfeld

Simon:
Unsere Gruppe hat sich während der Woche mit den Erinnerungsorten in Coesfeld beschäftigt. Einer davon ist sogar dieser Friedhof, aber dazu später mehr. Wir sind während der Woche durch die Stadt gegangen und haben uns die verschiedenen Denkmäler angeguckt. Wir haben mit verschiedenen Personen gesprochen, um weitere Informationen zu sammeln und es war eine besondere Erfahrung für uns, denn das zeigte uns die Wichtigkeit dieser Orte. Ich stelle euch das Walkenbrückentor vor. Es liegt am Mühlenplatz 3a. Das Walkenbrückentor war damals ein Gefängnis, eine Folterkammer, ein Zollgebäude, ein Lagerraum und eines von vier Toren der Mauer um Coesfeld. Heute ist es ein Museum, um an den zweiten Weltkrieg zu erinnern. Wir haben es ausgewählt, denn dort wurde die Jüdin Hildegard Strauß inhaftiert. Am 26. November 1938 erhängte sie sich hier in ihrer Zelle.

Justus:
Als zweites und drittes stelle ich euch die Synagoge und die Gedenkstätte für jüdische Bevölkerung in Coesfeld vor. Der Gedenkplatz liegt an der Ecke der Letterstraße und Gartenstraße und wurde 1928 von Josef Enseling erstellt. Der Ort wurde dann von Jörg Heydemann um eine Statue ergänzt. Die Schienen sollen den Weg zu den Vernichtungslagern darstellen. In diesen Vernichtungslagern sind Millionen Menschen getötet worden. Die Rampe war typisch für diese Vernichtungslager, denn dort wurde entschieden, ob die Deportierten sofort getötet werden oder noch arbeiten mussten. Die Statue am Ende der Schienen stellt eine Frau dar, die um ihr Kind bangt. Frauen und Kinder waren nicht geeignet für die harte Arbeit, die die jüdische Bevölkerung im KZ leisten mussten. Die Synagoge liegt in einer kleinen Gasse mit dem Namen „Zur Synagoge“ an der Weberstraße 7. SA-Einheiten verunstalteten die Synagoge, als sie in Coesfeld die Kontrolle übernommen haben. Einrichtungsgegenstände und Wandmalereien wurden entfernt und/oder verbrannt.

Jan:
Ich stelle euch das Denkmal der 19 jüdischen Coesfelder vor, die am frühen Morgen am 10.12. deportiert wurden. Drei Tage später wurden sie nach Riga gefahren und dort wurden sie größtenteils getötet. Man kann die Gesichter der Juden von beiden Seiten erkennen. Die erste Seite soll an die Toten erinnern und die zweite zeigt, dass sie nicht vergessen wurden und sich an sie erinnert wird. Die Opfer waren im Alter von 7 bis 77 Jahren.

Simon:
Der letzte Erinnerungsort, den wir erwähnen möchten, ist der Jüdische Friedhof, da, wo wir heute stehen. 1896 war dort die erste Beerdigung und 2008 die letzte. Dann zog der Friedhof hierher an die Osterwickerstraße nahe der Blomenesche um. Heute stehen hier ganze 47 Grabsteine. Sie sind symbolisch für die Opfer der Shoa, den Terror und die Gewalt von 1933 bis 1945.

Jan:
Vor der Intensivwoche hatten wir keine Ahnung, dass es so viele Denkmäler gibt. Als wir dann mit offenen Augen durch die Stadt gegangen sind, haben wir schon mehr gesehen. Jedoch bleibt eine Sache deutlich: Wir würden uns wünschen, wenn noch intensiver auf die Erinnerungsorte aufmerksam gemacht werden würde, besonders in dieser Zeit, wo die rechten Parteien einen Aufschwung haben. Man sollte an die NS-Vergangenheit erinnern, auch wenn es ein unangenehmes Thema ist. Seit dem Zweiten Weltkrieg und dem Holocaust sind noch nicht einmal 100 Jahre vergangen. In dieser kurzen Zeitspanne darf man nicht vergessen.

 

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